Elon Musk fördert Antisemitismus und wird trotzdem von Israel-Freund*innen in Schutz genommen. Wie das zusammenpasst, kommentiert Nico Zürcher.
Als Elon Musk vor zwei Wochen bei einer Rede zur Amtseinführung von Donald Trump mehrmals den Hitlergruss andeutete, wurde rund um den Globus ausführlich darüber diskutiert, ob es sich nur um eine missverstandene Bewegung oder einen rechtsextremen Dog Whistle gehandelt habe.
Während der israelische Präsident Isaac Herzog, der zu dieser Zeit gerade in Davos weilte, Musks Geste unkommentiert liess und auch der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) auffällig still blieb, bekam Musk von unerwarteter Seite Zuspruch. Niemand Geringes als der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu dankte Musk und nannte ihn einen grossen Freund Israels. Musk sei zu Unrecht diffamiert worden.
Nachdem Musk Twitter übernahm, kam es auf der Plattform (…) zu einer Verdoppelung von antisemitischen Tweets.
Diese Unterstützung überrascht auf den ersten Blick. Musk ist nicht unbedingt als Vorkämpfer gegen Antisemitismus bekannt, eher im Gegenteil. Nachdem Musk Twitter (heute: X) übernahm, kam es auf der Plattform gemäss einer Untersuchung des Institute for Strategic Dialogue (ISD) zu einer Verdoppelung von antisemitischen Tweets.
Musk selbst kommentierte im November 2023 einen antisemitischen Tweet, der jüdische Gemeinschaften beschuldigte, Hass auf weisse zu schüren mit den Worten «You have said the actual truth». Er entschuldigte sich zwar später und besuchte Auschwitz, aber seine politische Agenda blieb die Gleiche.
Musk ging so weit, dass er Ende Dezember 2024 in einem Gastbeitrag in der «Welt am Sonntag» behauptete, dass die Partei «Die Alternative für Deutschland» (AfD) die einzige Hoffnung für das Land sei. Notabene eine Partei, die vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird und in welcher gemäss bundesweiter Studie des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) ein tief verankerter Antisemitismus besteht.
Die Bekämpfung des Antisemitismus und die Unterstützung Israels sind zwei komplett unterschiedliche Angelegenheiten, die nicht vermischt werden dürfen.
Als die AfD vorletzte Woche ihren Wahlkampf in Halle (Saale) eröffnete, wurde Musk live aus den USA dazugeschaltet. Ohne den nationalsozialistischen Kontext explizit zu benennen, forderte Musk in seiner Rede, dass «Kinder nicht für die Sünden ihrer Eltern, geschweige denn ihrer Urgrosseltern, schuldig sein sollten» und dass «wir uns zu sehr auf die Schuld der Vergangenheit konzentrieren und das überwinden müssen.»
Während diese Aussagen vom Vorsitzenden des Yad Vashem und der Anti-Defamation League (ADL) scharf kritisiert wurden, blieb eine Reaktion der israelischen Regierung oder ihrer Vertreter aus.
Und so zeigt die Freundschaft von Musk und Netanyahu exemplarisch auf, was häufig in von den Medien nicht genug hervorgehoben wird: Die Bekämpfung des (wiederaufkommenden) Antisemitismus und die Unterstützung Israels sind zwei komplett unterschiedliche Angelegenheiten, die nicht vermischt werden dürfen.
Musk unterstützt Netanyahus Regierung, wie er andere rechtsextreme Parteien oder Politiker unterstützt. Er unterstützt sie nicht, weil er gegen Antisemitismus ist, im Gegenteil fördert er mit seiner Plattform X dessen Verbreitung und wirbt offensiv für antisemitische Parteien. Netanyahu seinerseits stört sich nicht an Musks Äusserungen, sondern verteidigt diese sogar, solange Musk ihn politisch unterstützt. Um Antisemitismus geht wohl beiden nicht.
Von Nico Zürcher