Der Mord an einer ehemaligen Miss-Schweiz-Kandidatin verdeutlicht die alarmierende Realität häuslicher Gewalt in der Schweiz. Und es ist kein Einzelfall: Alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau aus Frauenhass getötet. Weshalb es Gesetzesänderungen braucht, um Frauen zu schützen.
Der Mord an einer Ex-Miss-Schweiz-Kandidatin sorgte dieses Jahr für Schlagzeilen. Der 41-jährige Ehemann der Frau räumte vor der Staatsanwaltschaft ein, seine Ehefrau und Mutter seiner zweier Kinder, umgebracht zu haben. Gemäss der Gutachter*innen wurde die Leiche der Frau in mit diversen Utensilien wie Stichsäge und Messer zerlegt und zerkleinert. Bereits Monate zuvor war es gemäss dem Bundesgericht zu häuslicher Gewalt gegenüber der Frau gekommen.
«Wir wissen nicht, was passiert ist, aber es ist nicht genug passiert, um diese Frau zu schützen», sagt Anne Portmann, die in einem Peer-to-Peer-Projekt mit gewaltbetroffenen Frauen arbeitet. Obwohl häusliche Gewalt in der Schweiz als Offizialdelikt gilt, «haben wir in der Schweiz ein Strafrecht, das häusliche Gewalt nicht kriminalisiert», erklärt sie weiter.
«Es ist nicht genug passiert, um diese Frau zu schützen.»
Eines der Hauptprobleme sei, dass häusliche Gewalt in unserem Rechtssystem nicht als eine Abfolge verschiedener Gewalttaten gelte, sondern grosser Einzeldelikte. Dabei handle es sich bei häuslicher Gewalt um «systematische Gewalt, die auf täglichen kleineren Akten» basiere. Sie stelle ein «Netz von Kontroll- und Machtmechanismen» dar, wie finanzielle Kontrolle, Isolation aus dem sozialen Umfeld oder die Etablierung von Angst in der Beziehung, z.B. durch Drohungen.
Dass Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, «ein blaues Auge» aufweisen würden, ist gemäss Anne ein Klischee. Häusliche Gewalt sei oft unsichtbar, und vielen Frauen falle es schwer, sich aus dem Netz zu lösen, da auch Trennungsversuche oft von Gewalt begleitet würden.
Besonders prekär ist die Situation für Frauen, die Kinder mit den Tätern haben. Ihnen fällt es umso schwieriger, die Beziehung «zu cutten», denn aufgrund der Kinder kämen sie in eine Reihe staatlicher Institutionen, die diese Frauen nicht ausreichend schützen, sondern – im Gegenteil – Gewalt gegen Frauen noch begünstigen würden. Wie ein Schutz stattdessen aussehen könnte, und was es mit dem brasilianischen Maria-da-Penha-Gesetz auf sich hat, erzählt Anne im Video.