Seit bekannt wurde, dass Stefan Büsser die Nachfolge von Dominic Deville als Late Night Show-Host im SRF antritt, hagelte es Kritik. Nach Giacobbo/Müller und Deville Late Night wäre eine diversere Besetzung längst überfällig gewesen – zumal Büsser bereits durch sexistische und rassistische Aussagen auffiel. Auch diese Woche stellte keine Ausnahme dar. Ein kritischer Blick auf einen Humor, den wir alle durch Serafe-Gebühren mitfinanzieren.
Migrantische oder muslimische Personen sind im Schweizer Fernsehen generell untervertreten, auch im Bereich Comedy/Late Night. In der Late Night Show von Stefan Büsser am Sonntag wurde immerhin Vera Çelik, eine muslimische Person mit Kopftuch, gezeigt, die den JSVP-Politiker Sandro Subotić interviewte.
Büsser kommentierte dies mit den Worten «Unsere Rechercheabteilung konnte leider nicht verifizieren, ob die Frau eine echte Muslima ist oder ob es doch wieder der JSVP-Präsident, Nils Fiechter, beim Demonstrieren ist.». Dazu wurde ein Bild von Fiechter eingeblendet, auf welchem er eine Burka sowie eine Attrappe eines Bombengürtels trug. Nicht mal das SRF-Publikum konnte wirklich über diese Pointe lachen.
Es sagt schon viel über Büsser und sein Late Night-Team aus, wenn sie eine Frau mit Kopftuch als Erstes mit einem verkleideten Selbstmordattentäter assoziieren. Hier dient Humor eindeutig dazu, antimuslimischen Rassismus zu reproduzieren. So sagte auch die Betroffene Vera Çelik gegenüber Watson: «Büsser suggeriert in seiner Sendung, dass meine alltägliche muslimische Kleidung einen Zusammenhang mit Terrorismus hat und verstärkt somit Vorurteile gegen Musliminnen und Muslime.»
Weiter habe sie aufgrund des Videos schlimme Hassnachrichten und Beschimpfungen erhalten. Das SRF habe dagegen auf Anfrage mitgeteilt, dass es nicht sein Ziel gewesen sei, jemandem zu schaden oder zu kränken. Als sei dies eine Rechtfertigung für den reproduzierten Rassismus der Sendung.
Büsser ist innerhalb des Schweizer Fernsehens kein Einzelfall, der mit rassistischen Darstellungen «Comedy» zu versuchen machte.
Leider ist dieser Vorfall in Bezug auf Büsser kein einmaliger Ausrutscher. Die Instagram-Seite uncover_comedymaenner hat zahlreiche Beispiele aus Büssers Sendungen gesammelt. Letztes Jahr war beispielsweise der umstrittene deutsche Komiker Oliver Pocher eingeladen. Er sagte, er sei quasi Muslim, da er keinen Alkohol trinke. Büsser antwortete daraufhin, Pocher müsse nicht die Hose ausziehen, um zu kontrollieren, ob er tatsächlich Muslim sei. Und in seinem Podcast Comedymänner zitiert Büsser Ricky Gervais, der in Bezug auf Angelina Jolies Kinder fand, sie würde sich im Zweifelsfall für das «Kleine Schwarze» entscheiden. Das sind nur zwei von vielen Beispielen rassistischer oder sexistischer Aussagen.
Büsser ist innerhalb des Schweizer Fernsehens kein Einzelfall, der mit rassistischen Darstellungen «Comedy» zu versuchen machte. Auch andere SRF-Komiker wie Mike Müller griffen über Jahre hinweg auf problematische Stereotype zurück – etwa in seiner Rolle als «Mergim Muzzafer», einer rassistischen Parodie eines Kosovo-Albaners.
Häufig verletzte die im SRF gezeigte Satire so die Grundregel, dass gute Satire niemals nach unten, sondern immer nach oben tritt. Aber Herr und Frau Schweizer lachen eben doch lieber über die schlechte Aussprache oder Klischees über Migrant*innen, als sich mit den eigenen Vorurteilen und Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen – oder zumindest denkt das SRF das.
Häufig verletzte die im SRF gezeigte Satire so die Grundregel, dass gute Satire niemals nach unten, sondern immer nach oben tritt.
Dabei gibt es durchaus lustige und kritische migrantische Stimmen in der Schweiz, die Potenzial für eine eigene Late Night Show im nationalen Fernsehen hätten. Uğur Gültekin und Fatima Moumouni waren mit ihrer postmigrantischen Late Night Show schon schweizweit unterwegs. Yoldaş Gündogdu und Serhat Koca haben seit Jahren mit «Kurds & Bündig» einen erfolgreichen Podcast und ausverkaufte Liveshows. Aber das Schweizer Fernsehen setzt lieber auf weisse, männliche Cis-Männer – Rassismus- und Sexismusvorwürfe hin oder her.
Bei aller berechtigten Kritik an Büsser muss man festhalten, dass es auch in der Verantwortung des SRF liegt, geeigneten Personen eine Bühne zu bieten. Mit der Ernennung Büssers zum Late Night Show-Host ist man dieser Verantwortung offensichtlich nicht gerecht geworden, denn viele Vorwürfe waren schon vorher bekannt. Sowohl Büsser als auch das SRF müssen aus dem Vorfall ihre Lehren ziehen.
Von Nico Zürcher