Wie erzählt man seinen Migra-Eltern eigentlich, dass man ein psychisches Problem hat? Und warum sind psychische Krankheiten noch immer ein Tabu-Thema? Šejla, Uğur und Filiza diskutieren bei Chez Shabani.
Šejla, Uğur und Filiza haben eins gemeinsam – sie alle haben sich in Therapie begeben. Bei Filiza war dies anfangs zwanzig der Fall: «Ich hatte emotionalen Stress und habe gemerkt, dass etwas nicht mit mir stimmt.» Im Krankenhaus hatte sie dann erstmal Kontakt zu einer Therapeutin. Ihre Eltern hätten zunächst Mühe gehabt, dies zu verstehen. «Ich musste sie immer wieder damit konfrontieren, dass psychische Krankheiten normal und nichts Schlimmes sind», erzählt Filiza. Dieser Prozess habe rund zehn Jahre gedauert.
Auch Šejla musste hart daran arbeiten, bis ihre Eltern ihre Krankheit akzeptierten. Was sie anderen in dieser Situation empfiehlt: «Schafft eine offene Kommunikation, mehr könnt ihr bei eurer Familie nicht tun.» Und Filiza ergänzt: «Und wenn ihr nicht zu den Eltern könnt, dann holt euch Hilfe von aussen, z.B. bei Therapeuten.»
«Mein erster Therapeut meinte: ‹Zieh doch einfach aus!›»
Doch wie findet man den oder die passende Therapeut*in? Müssen diese nicht selbst eine Migrationsgeschichte haben, um ihre Patient*innen zu verstehen? Šejla erinnert sich an ein problematisches Beispiel: «Als ich meinem ersten Therapeuten von meinen Problemen erzählte, meinte er: ‹Dann zieh doch einfach aus!›» Sie habe ihm erklären müssen, dass dies für sie nicht so einfach sei, erinnert sie sich lachend. Mittlerweile hat sie ihre Traum-Therapeutin gefunden.
Auch Uğur findet, die Therapeuten-Suche sei wie die Partnerwahl: «Du musst einige ausprobieren, bis du den oder die Richtige gefunden hast.» Mittlerweile hat auch er einen Therapeuten gefunden, der zeitweise einer der wichtigsten Menschen in seinem Leben war. Heute arbeitet er noch immer an den Dingen, die er in der Therapie gelernt hat: «Das ist nicht mit ein paar Sitzungen erledigt, du gehst mit einer Therapie eine langjährige Beziehung mit dir selbst ein.» Mit seinen Eltern kann er allerdings nicht darüber sprechen. «Diese Gesprächsebene gibt es bei uns nicht, das muss ich mir woanders holen», erklärt er.
Weshalb die Hemmschwelle so gross ist, psychische Krankheiten in der Familie zu thematisieren, was die Sprache damit zu hat, und ob Therapeut*innen mit Migrationshintergrund einfühlsamer sind, diskutieren Šejla, Uğur und Filiza bei Chez Shabani.