Aktuelles Front Meinung

Von Sport und Politik

An der U23-Europameisterschaft in Estland protestierte das Schweizer Fecht-Team auf ganz besondere Weise gegen die israelische Politik. Der Schweizer Fechtverband Swiss Fencing reagierte umgehend, entschuldigte sich bei der israelischen Delegation und betonte, dass sich sportliche Wettkämpfe nicht für politische Äusserungen eigneten. Dabei wurde Sport schon immer politisch genutzt – aber es ist sehr selektiv, was erlaubt ist.

Das Schweizer U23-Fechtteam verlor an der EM gegen Israel den Team-Final. Im Anschluss gratu­lierte das Team seinen Gegnern. Aber als die israe­lische Hymne gespielt wurde, drehten sich die Fechter aus der Schweiz, anders als die Teams aus Israel und Italien, nicht zur Seite in Richtung der israe­li­schen Flagge.

Die Botschaft hinter dem Verhalten der Fechter ist klar: Es sollte gegen die Politik des Staates Israel prote­stiert werden und nicht gegen die betrof­fenen Sportler. Der Fecht­verband Swiss Fencing reagierte umgehend, bezeichnete das Verhalten der Fechter als falsch und beklagte sich, dass sein Team die Sieger­ehrung für eine politische Manife­station missbraucht habe.

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Dabei wird Sport regel­mässig für politische Zwecke missbraucht, es gibt sogar einen eigenen Begriff dafür: Sports­washing. Dieses wird immer dann betrieben, wenn ein Land sein eigenes Image mithilfe von Sportler*innen und Sport­events korri­gieren will. Das bekann­teste Beispiel ist Katar, welches nicht nur die WM 2022 ausrichtete, sondern auch den Fussballklub Paris Saint-Germain kaufte. Politik im Sport wird durchaus akzep­tiert, solange im Gegenzug genug Geld an die Verant­wort­lichen fliesst.

Israels Sportler*innen dagegen müssen sich nicht von Netan­yahus Politik distanzieren.

Umgekehrt kann der Sport aber auch politische Zeichen setzen, so wurden die meisten russi­schen Sportler*innen aufgrund des Angriffs­krieges auf die Ukraine von inter­na­tio­nalen Anlässen ausge­schlossen. Ausnahmen gab es nur für solche Sportler*innen, die sich explizit gegen Putins Politik aussprachen – und somit ein politi­sches Statement setzten.

Israels Sportler*innen dagegen müssen sich nicht von Netan­yahus Politik distan­zieren. Dies, obwohl Israel vom Sonder­aus­schuss der Vereinten Nationen, Amnesty Inter­na­tional und zahlreichen renom­mierten Expert*innen vorge­worfen wird, einen Völkermord in Gaza zu begehen, der bisher über 50’000 Menschen das Leben gekostet hat. Es wird offenbar mit zweierlei Mass gemessen.

Die fristlose Entlassung wurde von einem Gericht nachträglich als unzulässig beurteilt.

Sportler*innen, die Kritik an Israels Politik äussern, müssen, im Gegenteil, mit Konse­quenzen rechnen. Wie der nieder­län­dische Fussball­spieler Anwar El Ghazi, der von seinem Klub FSV Mainz 05 entlassen wurde, weil er Solida­rität mit den Menschen in Gaza gezeigt und dabei unter anderem die Parole «From the River to the Sea, Palestine will be free» geteilt hatte. Die fristlose Entlassung wurde von einem Gericht nachträglich als unzulässig beurteilt.

Im Fall der vier Schweizer Fechter hat sich der Verband Swiss Fencing umgehend distan­ziert, die jungen Sportler wurden von den Verant­wort­lichen einfach fallen­ge­lassen. Verbands­prä­sident Max Heinzer sagte gegenüber der NZZ: «Sie wollten sich ganz sicher nicht antise­mi­ti­stisch äussern.» Als sei dies jemals der Fall gewesen.

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Die Fechter haben sich gegenüber ihren israe­li­schen Gegnern jederzeit korrekt verhalten, sie entschul­digten sich sogar direkt nach der Sieger­ehrung bei ihnen für den Protest. Der Protest richtete sich somit einzig und allein gegen den Staat Israel und dessen Politik. Das ist kein Antise­mi­tismus, sondern eine legitime Kritik an einem völker­rechts­wid­rigen Vorgehen.

Es sind immer die gleichen israel-nahen Kreise, die die legitime Kritik an Israel als vermeint­lichen Antise­mi­tismus framen, und immer die gleichen Zeitungen übernehmen bereit­willig dieses Narrativ.

Aber die Reaktionen zeigen deutlich, wer sich an dieser legitimen Kritik stört. Die israe­lische Botschaft in der Schweiz und selbst der israe­lische Aussen­mi­nister äusserten sich zum Vorfall. Die Aargauer Mitte-Stände­rätin Marianne Binder-Keller empfahl dem Verband auf X, er «sollte seine Jungs in die Geschichts­nach­hilfe schicken». Frau Binder-Keller ist übrigens Präsi­dentin der Freund­schafts­gruppe Schweiz-Israel, eine Gruppierung, die Israels Positionen im Schweizer Parlament vertritt.

Es sind immer die gleichen israel-nahen Kreise, die die legitime Kritik an Israel als vermeint­lichen Antise­mi­tismus framen, und immer die gleichen Zeitungen übernehmen bereit­willig dieses Narrativ. Ein Blick in die Kommen­tar­spalten der Instagram-Seiten der Athleten und von Swiss Fencing zeigt dagegen, dass die Mehrheit der Menschen den Protest durchaus richtig verstanden hat. Vielleicht wäre es deshalb mal Zeit, dass sich die Politik aus dem Sport heraushält.

 

Von Nico Zürcher

 

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